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PSYCHE
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Krieg Kinder Mutter

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Das soll heißen: Der Krieg betraf und betrifft sie alle.
Da gab es die Auffassung: Die Kinder sind ja noch viel zu klein. Die kriegen das nicht mit.

Dass das ein großer Irrtum war und ist, wurde, wenn überhaupt, leider erst ziemlich spät erkannt. In vielen Familien wurde nicht sensibel mit Kindern umgegangen. Sie liefen nebenher und hatten fraglos den Erwachsenen zu gehorchen. Das hatte in Europa, besonders aber in Deutschland Tradition. Denn im Dritten Reich und auch noch nach dem Krieg bis hinein in die 1980er Jahre wirkte eine Pädagogik nach, die schon vor den Nazis, aber unter ihnen besonders in Blüte stand: die Kleinkindziehung nach den Ratgeberbüchern der Johanna Haarer, wie etwa ihr Bestseller Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind.

../ Zitat ../ aus einem Vortrag über Gefühlserbschaften der Hamburger Psychoanalytikerin Edda Uhlmann:
"Das Prinzip, das den Müttern eingebleut werden sollte, war: Auf keinen Fall eine starke frühe Bindung zwischen Mutter und Säugling entstehen zu lassen.
Jede Diktatur hat ein Gespür dafür, auch wenn es dazu noch keine ausdrücklichen Forschungsergebnisse gibt, dass die frühe Bindung eine wichtige Grundlage für die Bildung eines Individuums mit einem starken Selbst ist. Also ist die programmatische Zerstörung von Bindung das beste Mittel, Subjekte mit einem schwachen Selbst, die zu Hörigkeit neigen, zu schaffen. Sicher konnten diese Indoktrinationen so gut und nachhaltig greifen auf einem bereits bestehenden Boden von autoritären Erziehungsmaximen und Kinderfeindlichkeit.

Das psychische Selbst des Säuglings entsteht in der Interaktion.
Das Kind entdeckt seinen intentionalen Zustand, sein Wollen, seine Subjektivität in der Psyche der Bezugsperson.
Die Repräsentanz, die Vorstellung dessen, was das Kind will, was es ist, liest es in den Augen der Mutter, hört es aus ihrem Mund,
das Kind internalisiert dieses und bildet daraus den Kern seines Selbst. Ein im Wesentlichen geglückter Dialog zwischen Mutter und Kind führt zu einem Selbst, das sich authentisch fühlt und dessen eigene Intentionen sich mit Sinnhaftigkeit erfüllen werden.
Eine Mutter, die sich die Maximen aus Johanna Haarers Erziehungsratgebern zu eigen gemacht hat, wird genauso wenig in der Lage sein, auf die Lebendigkeit des Kindes angemessen zu antworten wie eine in Angst und Depression befangene Mutter.
Für Angst und depressive Erstarrung gab es für Mütter in der Kriegs- und Nachkriegszeit Anlass genug. ( Bem :oder auch "Gene" oder "vererbt", > Vorfahren ? )
Und was passiert mit einem kleinen Kind, wenn es die Mutter nicht erreichen kann? Und im Fall eines Kriegskindes, das in einer traumatischen Situation den Kontakt mit der Mutter sucht?
Edda Uhlmann: Die Mutter konnte von Trauer wegen erlittener Verluste absorbiert sein.
Das Kind trifft dann bei der Mutter nicht auf Antworten auf sein eigenes Sein, sondern auf depressive Erstarrung, Leere, Trauer, Ablehnung, versteckte Aggression.
Das Kind spürt, dass die Mutter von etwas anderem besetzt ist und um der lebensnotwendigen Bindung willen bleibt dem Kind nur, sich seinerseits in die Mutter einzufühlen, das Kind kann das mütterliche Unbewusste erspüren, aber nicht entschlüsseln. (Bem: siehe dazu Literatur )
Im Selbst des Kindes kann das zu einem dissoziierten Bereich werden, zu einem Loch, einer Leere. ( Bem: siehe dazu Spaltungs- und andere Schutzmechanismen der Psyche )
In der Behandlung von Erwachsenen, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit geboren sind, bin ich mehrmals auf das Phänomen psychischer Leere gestoßen, so als gäbe es nichts zu erzählen aus ihrer Geschichte. Es ist ein Reflex auf eine ihnen von einem Elternteil, meist von der Mutter, vermittelte Leere, von einer Mutter, die keinen seelischen Raum hatte, die lebendigen Intentionen ihres Kindes aufzunehmen und zu beantworten [..]

In der Kindheit werden die aus dem Kampfprogramm resultierenden Zerstörungsimpulse und die zugehörigen Emotionen von Zorn, Wut, Ärger, Hass zunächst unbewusst gemacht. Sie werden gleichsam eingesperrt und unter einer dicken Tür und dicken Mauern verschlossen.[...]"

   Zitat aus Psychoanalyse 2011, Bem. von M.L )